Buchrezensionen: Klingende Saiten - Julia Rösner; Zwei Theaterstücke von Martin Schörle

Buchtitel: Klingende Saiten
Autor: Julia Rösner

Genre: Roman
Alter: ab 15
Seiten: 232
ISBN: 9783751916592
Erstmals erschienen: 2020
Verlag: Verlag *

Buchtitel: "Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten" und                "Einladung zum Klassentreffen"
Autor: Martin Schörle

Genre: Theaterstücke (Kabarett)
Alter: ab 18
Seiten: 119
ISBN: 9783960084082
Erstmals erschienen: 2016
Verlag: Verlag *


Leselupe Logo

Diesmal möchte ich euch zwei Bücher vorstellen, die ich auf eine Empfehlung hin gelesen habe, und weil mein Leseerlebnis dabei ein sehr schönes und bereicherndes war, will ich diese Empfehlung auch gerne an euch weitergeben und euch ein bisschen darüber erzählen, worum es in diesen beiden Werken geht.


Klingende Saiten” - Julia Rösner


Bei diesem Roman handelt es sich um den dritten und voraussichtlich auch letzten Teil der Denisa-Reihe, die aus “Licht im Nebel”, “Die letzte Seite” und “Klingende Saiten” besteht. Da die Geschehnisse aufeinander aufbauen, rate ich euch dringend, zuerst die anderen beiden Teile zu lesen. Es wäre sonst kaum möglich, der Handlung entsprechend zu folgen.


Denisa hat sich nach dem Begräbnis von Mias Vater von ihrer Freundin verabschiedet, um den Geheimnissen ihrer eigenen Familie auf die Spur zu kommen, die inzwischen nur noch aus ihrem völlig fremden Vater besteht. Nach der ersten Kontaktaufnahme spürt sie sofort, dass ihr Vater Theo froh ist, sie kennenzulernen, doch seine neue Familie scheint etwas zu verbergen. Was ist es, und warum verhält sich Theo immer wieder so seltsam? Denisa muss die Wahrheit ertragen lernen, und die zarten und Geborgenheit spendenden Gefühle einer neu entbrennenden Liebe helfen ihr dabei.


Die Denisa-Reihe beginnt in der Weihnachtszeit mit Teil eins, entwickelt sich im anbrechenden Frühling mit der Krankheit von Mias Vater in Teil zwei in eine komplett neue Richtung weiter und dreht sich nun, nachdem es Sommer geworden ist, wieder ganz um Denisa. Sie reist durchs halbe Land, in einen kleinen Ort, in dem sie laut Internetrecherche ihren Vater Theo vermutet. Blühende, wuchernde Natur umgibt uns in diesem Teil ebenso wie eine gemütliche Dorfatmosphäre und die Idylle eines typisch italienischen Restaurants.


Denisa wirkt auf mich in diesem Abschnitt der Geschichte viel gelöster und offener als zuvor, was vielleicht an den vielen Erlebnissen liegt, die sie seit dem Tod ihrer Oma bereits hinter sich hat und die sie aus ihrem Alltagstrott herausgeholt haben und ihr gezeigt haben, dass das Leben noch viel mehr zu bieten hat. Doch die Suche nach ihrem Vater ist für die junge Frau mehr als nur der Versuch, einen Menschen kennenzulernen, der für sie Familie sein könnte. Sie versucht dabei auch, herauszufinden, wer sie selbst ist, und was sie über ihre Oma denken soll, die ihr nie von ihrem Vater und nur wenig von ihrer Mutter erzählt hat. Wozu die ganze Geheimniskrämerei? Es gilt, die Rätsel rund um ihre Eltern zu lüften.

Und völlig unerwartet taucht auch eine neue Liebe in Denisas Leben auf. Ein Mensch, der es schafft, ihr Geborgenheit und Wärme zu geben, ihr aber durch seinen Familienclan und dessen Zusammenhalt klar und deutlich vor Augen führt, dass sie selbst keine Familie hat außer diesem Vater, den sie kaum kennt, und wie wichtig es auch deshalb für sie ist, ihn nicht auch zu verlieren.


Dieses Buch thematisiert die schwierige Situation, vor der Kinder stehen, wenn ein Elternteil eine neue Familie gegründet hat, zu der sie nicht dazu gehören. Das Gefühl, unerwünscht zu sein, oder wie ein störender Fremdkörper in eine Familie einzudringen, umgibt Denisa immer wieder. Dabei werden auch die Beweggründe der anderen Familienmitglieder sichtbar und nachvollziehbar, und zwischendurch blitzen auch die Vorteile auf, die eine Patchworkfamilie mit sich bringen kann.


Im zweiten Handlungsstrang erkennen wir, dass Denisa auch in ihren außerfamiliären Beziehungen viele Hürden zu überwinden hat, was auf ihren Mangel an Erfahrungen zurückzuführen ist, und vielleicht auch seinen Ursprung in ihrem Leben mit ihrer Oma, ganz ohne Geschwister hat. Sie erkennt, wie schön es sein muss, eine große Familie zu haben, die zusammenhält und auf die man vertrauen kann, und hadert immer wieder mit ihrem eigenen Schicksal.


Ich empfand diesen Teil der Geschichte sehr locker geschrieben und flüssig zu lesen, die Dialoge wirken echt und passen zu den Menschen, der sprachliche Ausdruck war nicht zu kompliziert, aber dennoch sehr abwechslungsreich und anregend gestaltet. Die Autorin hat sich meiner Meinung nach in dieser Reihe von Buch zu Buch gesteigert, und mir hat der abschließende Teil wieder sehr gefallen. Sie übermittelt eine hoffnungsvolle Botschaft durch ihre Geschichte, die Mut macht und dazu animiert, ungewohntes Terrain zu betreten und sich voll und ganz auf das Leben mit seinen vielen Möglichkeiten einzulassen.


"Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten" / "Einladung zum Klassentreffen" - Martin Schörle


Das erste Stück “Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten” führt uns direkt ins Büro zu dem recht eigentümlichen Beamten Fredenbek, der dort, ganz offensichtlich schon ein bisschen zu lange sein Dasein fristet. Allein bei seiner Arbeit, spricht er mit den Zuschauern, führt so etwas wie einen einseitigen Dialog und versucht dabei, uns sein Dasein als Beamter begreiflich zu machen. Dabei klärt er uns über die Wichtigkeit des passenden Radiergummis zur entsprechenden Gelegenheit auf, weiht uns ein in die Unsinnigkeiten seines Ablagesystems und entblößt ganz nebenbei sein verkorkstes Privatleben. Sein eigenbrötlerisches Verhalten wird durch seine überraschend kommenden Allüren offensichtlich, ebenso wie durch sein gelegentliches Abdriften in Erinnerungen.


Dieses Stück war wirklich witzig, es macht sich über den bedauernswerten Fredenbek und die überzogen dargestellten Eigenheiten des Beamtentums lustig, und der Autor, der selbst ein ehemaliger Beamter ist, weiß ganz genau, in welche Wunden er die Finger stecken muss. Aber es bleibt nicht bei seichter Unterhaltung zum Lachen, denn die Ausführungen von Fredenbek zeigen auch die Tragödien, die sich in vielen Menschenleben abspielen, die außerhalb ihres Berufsalltages, in ihrem persönlichen Leben versagen und der Einsamkeit preisgegeben sind.

Bei mir als Leser hat sich dadurch im Verlauf des Stückes immer wieder eine veränderte Gefühlslage eingestellt. Zu Beginn ist es einfach nur lustig, dem verwirrten Fredenbeck bei seinem Vortrag zuzuhören, nach und nach klingt die Traurigkeit und die Verzweiflung in seinen Taten immer mehr durch und hat mich auch tief mit diesem Menschen mitfühlen lassen. Aber der Slapstick kommt bis zum Schluss hier nicht zu kurz und brachte mich immer wieder auch aufgrund der verhedderten Situationen zum Lachen, was es in meinen Augen zu einem gelungenen Kabarettstück macht, das sich mit einem traurigen Schicksal und zugleich äußerst unterhaltsam präsentiert.


Das zweite Stück “Einladung zum Klassentreffen” ist thematisch ganz woanders angesiedelt. Es geht um Marina, die - im Zug sitzend - einen Anruf ihres ehemaligen Schulkollegen Carsten erhält, der sie zum 20-jährigen Klassentreffen einladen will. Das Gespräch wird persönlicher und hitziger, als wir es uns bei zwei Leuten, die sich 20 Jahre lang nicht gesehen haben, vorstellen würden und wird mit Eifer von den Mitreisenden im Zug verfolgt und kommentiert.


Marina ist 40 und hat sich vor einem Jahr von ihrem Ehemann getrennt. Carsten lässt in ihr all die Gefühle, die sie durchlebt hat in diesem Gespräch wiederaufleben, weil er sich auf liebevolle Weise für ihre Geschichte interessiert. In kurzen Rückblenden erleben wir Marina beim Gespräch mit ihrer Therapeutin und in entscheidenden Szenen mit ihrem Exmann und bekommen dabei ein Gefühl dafür, was für ein Mensch sie ist.

Carsten hat auch so seine Probleme, die er mit sich rumschleppt, von ihm erfahren wir aber nicht ganz so viel, was auch daran liegt, dass er nicht dasselbe, aufbrausende Temperament hat wie Marina und nicht so viel von sich preisgibt.

Wie sich herausstellt, verbindet die beiden mehr als nur der gemeinsame Schulbesuch und dieses Telefonat ist geprägt vom Wiederaufflammen einer alten, aber nie vergessenen Leidenschaft.


Auch in diesem Stück steckt jede Menge Situationskomik, aber es zeigt auch viel Feingefühl bei der Darstellung der Erwartungen, die wir vom Leben haben und was die dadurch entstehende Verletzlichkeit betrifft, wenn unsere Bedürfnisse unerfüllt bleiben.

Es ist auch eine Art zarter Liebesgeschichte, bei der ich mitgelacht und mitgefühlt habe und von den berührenden Momenten, die sich während des Telefonats ergeben haben, angenehm überrascht wurde.


Ich habe schon lange keine Theaterstücke mehr gelesen, und war dahingehend etwas aus der Übung, mir das Bühnenbild und das Setting vorzustellen, bin aber aufgrund der guten Beschreibungen schnell wieder reingekommen und finde, dass Martin Schörle es in diesen beiden Stücken geschafft hat, Lachen und Weinen, das Groteske und das Schöne auf harmonische Weise zusammenzuführen und seinen Lesern beziehungsweise Zuschauern näherzubringen.


Die beiden Bücher haben mir sehr gefallen und mich um einige Einsichten in die Tiefen des Lebens bereichert.



Viel Spaß beim Selberlesen!

Leselupe Profil Geschrieben von Susanne!
Ich hoffe, meine Rezension war hilfreich und Euch wird das Buch gefallen.
Die Inhalte sind meine persönliche Meinung zu diesem Buch.
Ich habe keine Gegenleistungen für diesen Text erhalten.

Die Links zum Buch findet Ihr oben.


#Buchempfehlung #Rezension #Buchrezension

* Alle Inhalte dieses Buches, insbesondere Texte, Fotografien und Grafiken (Buchcover), sind urheberrechtlich geschützt. Das Urheberrecht liegt, soweit nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, beim Verlag [siehe obiger Link zum Verlag].

Kommentare